Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Was ist der Morbus Crohn?
Der Morbus Crohn gehört zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Es handelt sich um eine chronisch-granulomatöse Entzündung, die den gesamten Magen-Darm-Trakt befallen kann. Am häufigsten befallen ist der untere Dünndarm (terminales Ileum). Charakteristisch ist der diskontinuierliche, segmentale Befall der Darmschleimhaut. Krankhaft veränderte Darmabschnitte können zwischen gesunden Abschnitten lokalisiert sein. Die Erkrankung wird auch Ileitis terminalis oder Enteritis regionalis genannt.
Wie häufig ist die Erkrankung?
In den westlichen Ländern liegt die Zahl jährlicher Neuerkrankungen bei 7-8 auf 100.000 Einwohner. Meist erkranken junge Erwachsene zwischen dem 16. und 35. Lebensjahr sowie ältere Menschen ab dem 60. Lebensjahr.
Wie entsteht die Erkrankung?
Die Entstehung der Erkrankung ist nicht geklärt. Früher galt die Theorie, dass der Morbus Crohn durch Bakterien oder Viren ausgelöst wird. Heutzutage sind eine Reihe von Faktoren bekannt, die mit einem Morbus Crohn assoziiert sind.
Der Morbus Crohn wird als Autoimmunerkrankung der Darmschleimhaut angesehen, d.h. kröpereiegene Antikörper greifen die Darmschleimhaut an. Wir wissen, dass Rauchen mit einem doppelt so hohen Erkrankungsrisiko assoziiert ist. Wissenschaftler konnten eine Reihe von Genveränderungen bei Morbus Crohn Patienten nachweisen, so dass möglicherweise eine erbliche Veranlagung eine Rolle spielt. Eine Barrierestörung zwischen dem Darminneren sowie dem Organismus scheint ebenfalls eine wichtige Rolle zu spielen. Psychosozialer Stress kann zu einer Fehlregulation der Immunantwort und ebenfalls zu einer Krankheitsaktivierung führen.
Welche Beschwerden treten auf?
Durchfälle, Bauchschmerzen, Fieber, Blut- und Schleimabgänge, Gewichtsverlust
Welche Komplikationen können auftreten?
Darmverschluss, Fisteln, Abszesse, toxisches Megakolon (abnorme Weitstellung des Dickdarms mit der Gefahr des Durchbruchs), Karzinom (bösartige Entartung), Osteoporose (durch Mangelernährung), Gallensteine (durch gestörte Resoprtion)
Welche Untersuchungen führen wir durch?
Ultraschalluntersuchung des Bauches, Laboruntersuchungen, Röntgenuntersuchung oder Magnetresonanztomographie des Dünndarms, Spiegelung des Dickdarms sowie des Dünndarms, Kapselendoskopie
Wie wird behandelt?
Prinzipiell versuchen wir die Erkrankung wann immer möglich medikamentös zu behandeln. Zur Verfügung stehen uns je nach Entzündungsstadium und –schweregrad neben Diät und parenteraler Ernährung verschiedene Kortisonpräparate, 5-Aminosalicylsäure (Mesalazin), TNF-Blocker (Infliximab), Immunsuppresiva (Cyclosporin oder Tacrolismus).
Wann wird operiert?
Eine Operation erfolgt nur bei erfolgloser medikamentöser Behandlung oder bei Auftreten von Komplikationen. Da die Erkrankung jederzeit wieder auftreten kann, wird darmsparend operiert, d.h. es werden nur von der Krankheit schwer betroffene Areale entfernt und soviel Darm als möglich belassen. Eine Operation kann konventionell mittels Bauchschnitt oder auch laparoskopisch erfolgen.
Was ist Colitis ulcerosa?
Die Colitis ulcerosa ist die „Schwesterkrankheit“ des M. Crohn. Entstehungsmechanismen, Altersverteilung, Häufigkeit und auch die Symptome sind ähnlich wie beim M. Crohn. Insgesamt leidet etwa jeder Tausendste Deutsche an Colitis ulcerosa oder M. Crohn.
Wodurch unterscheidet sich die Colitis ulcerosa vom Morbus Crohn?
Neben den Gemeinsamkeiten beider Erkrankungen gibt es eine Reihe von Kriterien anhand derer das Team von Chirurgen, Internisten, Radiologen und Pathologen die beiden Erkrankungen unterscheiden können:
- Verteilungsmuster: Während der Morbus Crohn abschnittsweise und bevorzugt am Übergang von Dünndarm zu Dickdarm auftritt, breitet sich die Colitis ulcerosa typischerweise kontinuierlich vom Ende des Dickdarms aus. Bei fast allen Patienten ist daher der Enddarm befallen, bei einem Teil nur das letzte Drittel des Dickdarms („Linksseiten-Colitis“) und bei einem weiteren Teil der ganze Dickdarm. Ein Befall des Dünndarms ist die Ausnahme und betrifft allenfalls das letzte Stück des Dünndarms („Backwash Ileitis“).
- Befallene Darmschichten: Während die Colitis ulcerosa nur die Schleimhaut betrifft, befällt der Morbus Crohn alle Wandschichten des Darmes. Bei Überschreitung kommt es daher bei M. Crohn wesentlich häufiger als bei der C. ulcerosa zu Fisteln und Abszessen. Hingegen ist die Beimengung von Blut zum Stuhl bei der Colitis ulcerosa häufiger.
- Kriterien der mikroskopischen Untersuchung: Daneben kann der Pathologe bestimmte für M. Crohn oder C. ulcerosa typische Befunde nachweisen, was zumindest für die Erstdiagnostik eine Endoskopie mit Proben-Entnahme voraussetzt.
Allerdings ist keiner dieser Befunde alleine beweisend für einen M. Crohn oder eine C. ulcerosa. In 10% der Fälle bleibt die eindeutige Zuordnung schwierig („Colitis indeterminata“).
Die behandelnden Ärzte müssen also die Summe dieser Befunde und ganz besonders Ihre Symptome sowie das Ansprechen auf bestimmte Medikamente zur Diagnostik heranziehen. Dies setzt eine sehr gute Zusammenarbeit des Ärzteteams voraus, ebenso eine gewisse Erfahrung mit diesen nicht sehr häufigen Erkrankungen.
Wird die Colitis ulcerosa anders behandelt als der M. Crohn?
Prinzipiell ist die medikamentöse Behandlung ähnlich zu der des M. Crohn. Nach klassischem Verständnis steht dasselbe Stufenprogramm an Medikamenten zur Verfügung wie beim M. Crohn. Allerdings sind die 5-ASA-Präparate und Cyclosporin bei der Colitis ulcerosa stärker wirksam als beim M. Crohn, bei dem umgekehrt die Therapie mit TNF-alpha-Antikörpern aussichtsreicher ist. Für die regelmässige Therapie mit 5-ASA-Präparaten ist eine Verringerung der Häufigkeit des Dickdarmkrebses nachgewiesen.
Welche Vorsorge ist bei der C. ulcerosa erforderlich?
Neben der o.g. prophylaktischen Wirkung von 5-ASA-Präparaten sollte nach zehnjährigem Verlauf einer C. ulcerosa eine jährliche Dickdarmspiegelung mit Probenentnahme durchgeführt werden. Unter diesen Voraussetzungen kann mit hoher Wahrscheinlichkeit ein fortgeschrittener Darmkrebs verhindert werden, da die Veränderungen dann rechtzeitig am Übergang zum bösartigen Stadium bzw. in sehr frühen Krebsstadien erkannt werden.
Wann wird operiert?
Hierfür gibt es bei der C. ulcerosa mehrere Gründe:
Werden hochriskante Vorläuferveränderungen oder ein früher Darmkrebs erkannt, muss umgehend operiert werden. Unabhängig vom Nachweis bösartiger Veränderungen sollte im Falle einer unbefriedigenden Wirkung der medikamentösen Therapie oder bei nicht akzeptablen Nebenwirkungen ein operatives Vorgehen diskutiert werden.
Ein ganz entscheidendes Wort spricht hierbei natürlich der Patient mit, da nach unserem Verständnis die Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) eine individuelle und Patienten-orientierte ist. Auch jüngste genetische Daten belegen, dass fast „jeder Patient seine eigene CED“ hat. Um diesen vielseitigen Herausforderungen einer Patienten-orientierten Diagnostik und Therapie gerecht zu werden, steht in unserer Klinik eine vertrauensvolle und langfristig eingespielte Zusammenarbeit von Chirurgen, Internisten, Endoskopikern, Radiologen, Ernährungsmedizinern, Naturheilkundlern, Psychosomatikern und Plastischen Chirurgen im Vordergrund. Teil dieses Konzepts sind gemeinsame Sprechstunden und ein regelmässiges Arzt-Patienten-Seminar.