06. August 2024

Mit der richtigen Stimmpflege zu Höchstleistungen

Wenn die Sopranistin auf der Bühne die Stimme verliert, bricht eine Welt zusammen. Die Stimmbänder von Gesangsprofis sind gefordert und brauchen spezielle Zuwendung. Das Kantonsspital Baselland (KSBL) bietet für Sängerinnen und Sänger des Theater Basel spezielle HNO-Dienste an.

Der Mensch ist ein soziales Wesen, welches für den Austausch mit anderen auf die Stimme angewiesen ist. Dank ihr können wir unseren Gefühlen Ausdruck verleihen, wir können flüstern, schnalzen, säuseln oder auch mal etwas hinausschreien. Die Vielfalt der Klangfarben und Tonqualitäten ist beeindruckend.

Damit unser Stimmorgan auch funktioniert, müssen einige körperliche Voraussetzungen gegeben sein. Die Hauptrolle dabei spielen Lunge, Kehlkopf, Stimmlippen und Resonanzräume. Die Stimmlippen im Kehlkopf erzeugen durch Schwingungen im Luftstrom beim Ausatmen die Töne.

Dieses ausgeklügelte Zusammenspiel von Atmung, Stimmlippen, Resonanzräumen und Entspannung ist äusserst komplex. Über die Synergie vieler Muskeln müssen ihre Bewegungen miteinander koordiniert werden, um einen einzigen Laut zu erzeugen. Man kann sich vorstellen, was es für eine Arie braucht.

Professionelle Sängerinnen und Sänger vollbringen mit ihrer Stimme Höchstleistungen. Diese führen zu Gänsehautmomenten für das Publikum, stellen aber für die Künstler und Künstlerinnen eine körperliche Herausforderung dar. Um langfristig höchste Perfektion leisten zu können, gilt es, dem Stimmorgan Sorge zu tragen.

Das Kantonsspital Baselland (KSBL) pflegt mit dem Theater Basel seit einigen Jahren eine enge Zusammenarbeit. Nebst der Orthopädie und der Physiotherapie für das Ballett- Ensemble ist das KSBL seit der Spielzeit 23/24 mit der Klinik Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten (HNO) Medical Partner des Theaters Basel. Das HNO-Team verfügt über entsprechende phoniatrische Kenntnisse, sind also Spezialisten für die Stimme. Die Kooperation umfasst eine «Fast-Lane» zur HNO für die prioritäre Behandlung von Berufsgruppen des Theaters Basel, die ihre Stimme brauchen. Dazu gehören das Opern- Ensemble, die Nachwuchstruppe OperAvenir, das Schauspiel-Ensemble sowie der Berufschor. 

Auf eine solche schnelle Behandlung ist eine Opernsängerin angewiesen, wenn sie beispielsweise kurz vor der Aufführung die Stimme verliert. «Professionelle Sänger sind mit spezifischen Herausforderungen konfrontiert », sagt Mesut Pasha, Chefarzt und Co-Leiter der Klinik HNO. Durch die wiederholte Belastung, Überanspannung oder zu wenig Ruhezeiten können Probleme an den Stimmbändern auftreten, wie etwa Knötchen, kleine Wucherungen sowie Polypen. Eine sehr starke oder falscher Stimmbelastung verursacht mitunter sogar Einblutungen. Weitere Faktoren, wie etwa eine stressassoziierte Refluxproblematik, also das Aufstossen von Magensäure, reizen die Stimmbänder zusätzlich. 

Was, wenn nichts mehr geht?
Nebst der richtigen Gesangstechnik und Ruhe sei ein gesunder Lebensstil wichtig, betont der HNO-Arzt Pasha, der sich seit Jahren um Opernsänger/-innen kümmert. Auch Stress sei nicht gut für die Stimme. «Psychischer Stress kann zu Spannungsverkrampfungen der Stimme am Kehlkopf führen. Hier helfen Atemübungen.»

Was tun, wenn eine Sängerin oder ein Sänger erkältet und heiser ist? «Es kommt darauf an, wo die Entzündung primär sitzt, es sich um eine Nebenhöhlenentzündung oder eine Halsentzündung handelt. Da kann man systemisch und lokal entsprechend mit Entzündungshemmern und Inhalativa behandeln. » Im Notfall komme auch mal Kortison zum Einsatz. «Damit lässt sich je nach Befund ein Schub therapieren, um die Vorstellung zu retten. Langfristig sollte man jedoch nicht mit hochdosiertem Kortikoid behandeln, weil das möglicherweise schadet.» Wenn jemand chronische Probleme entwickelt, bleibt manchmal nichts anderes, als die Notbremse zu ziehen, um keine weiteren Spät-Komplikationen zu riskieren.

Eine Entscheidung zu treffen sei nicht immer einfach. «Der Druck, zu performen ist bei den Künstlern extrem gross, weil davon auch die weitere Karriere abhängen kann. Wir diskutieren mit unseren Patienten offen, ob der Auftritt am Abend oder am Folgetag gewagt werden kann, ohne dauerhafte Probleme zu riskieren.» Für solche Gespräche braucht es viel Fingerspitzengefühl und guten Zuspruch. «Wir sind zu einer Hälfte empathische HNO-Ärzte und zur anderen auch Psychologen.»

Mesut Pasha weiss, dass professionelle Sänger/-innen ihre Stimme bestens kennen und gut einschätzen können, welche Stimmbelastungen sie sich zumuten können. Klingt wie beim Leistungssport. «Ja, das ist ähnlich wie bei einem Zehnkampf, bei dem lange hohe Leistungen mit unterschiedlichen Belastungen erbracht werden müssen. Entsprechend wichtig sind eine gute Atemkontrolle sowie Aufwärmübungen.»


 

Mesut Pasha
Facharzt für Oto-Rhino-Laryngologie / Plastische und Ästhetische Operationen (DE)
Chefarzt in Co-Leitung

Tel. +41 61 436 25 32
Mail


Die richtige Stimmpflege für Sängerinnen und Sänger
Wer oft und intensiv singt, muss seinen Stimmbändern Sorge tragen. Mesut Pasha, Chefarzt und Co-Leiter Klinik HNO am Kantonsspital Baselland (KSBL) rät zu folgenden präventiven Massnahmen:

  • Ausreichend trinken, auch Salbeitee
  • Ausgewogen essen
  • Verzicht auf übermässigem Konsum von Alkohol, Koffein, kohlesäurehaltige Getränke, Fast-food und Nikotin
  • Vermeidung von Reizstoffen
  • Gute Luftbefeuchtung
  • Stressregulation
  • Regelmässige Singpausen einlegen
  • Genügend Schlaf
  • Stimm- und Atemübungen für eine kraftvolle und entspannte Stimme

 

Dieser Beitrag ist im Juli 2024 im Magazin Regio aktuell erschienen.


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